In diesem Frühling habe ich den Eindruck, die Blütenpracht der Bäume und Pflanzen ist viel intensiver als jemals zuvor und auch die Vögel singen lauter. Vielleicht empfinde ich das einfach, weil ich mehr Zeit habe hinzuschauen und zuzuhören. Ich liebe es, wenn mich die Schwalben mit lautem Gezwitscher frühmorgens auf unserer Deele begrüßen. Auf den Feldern höre ich den Kiebitz rufen und eine ganze Kolonie Spatzen fühlt sich, neben Meisen Drosseln, Rotkehlchen, Zaunkönig und vielen anderen Vogelarten, in unserem Garten wohl. Überhaupt sehe ich auf unseren Feldern in diesem Frühjahr besonders viele Hasen, Fasane, Rehe und sogar manchmal ein Rebhuhn.
Das entspannte Gärtnern
Um eine Vielfalt der Arten auf meinem Grundstück zu fördern sind meiner Meinung nach zwei Dinge wichtig. Es funktioniert nur, wenn ich den Insekten und Vögeln einen Lebensraum anbiete, in dem sie Nahrung und Wohnraum finden. Was sie gar nicht mögen sind, für unsere Maßstäbe, aufgeräumte und ordentliche Gärten. Hier ein paar Beispiele.
Bewachsene Fugen
Der Rasen ist für viele Gärtner ein Aushängeschild für Perfektion, wehe es findet sich Moos, Klee oder Gänseblümchen darin. Um das zu verhindern wird vertikutiert, neu eingesät, gedüngt und geschnitten. Was für ein Stress. Unser Rasen enthält Moose, Klee, Gänseblümchen, Schlüsselblumen und auch mal ein Löwenzahn. Er ist grün mit herrlichen Farbklecksen und weich, aber weit entfernt von perfekt. Dafür ist die Gärtnerin, rasentechnisch tiefenentspannt. Wird er von der Hitze braun, so wie im letzten Sommer, so what, wenn es dann doch mal geregnet hat wird er wieder grün. Und es ist herrlich zu beobachten, wie sich Hummeln und Wildbienen in ihm wohlfühlen. Unter unserer Trauerweide hat er Fehlstellen, das macht mir aber nichts aus, weil ich weiß, dass der offene Boden für die Sandbienen wichtig sind und sie dort im Frühjahr Röhren für ihren Nachwuchs bauen.
Esels-Distel Distelblüte Brennnessel mit Schnecke Brennnessel mit Insekten
Da auf unserem Betrieb etwas mehr Platz zur Verfügung steht, als der Garten bieten kann, gibt es hinter unserem Stall eine wilde Ecke, in der sich Brennnesseln ausbreiten dürfen. Sie bieten Faltern eine wichtige Nahrungsquelle. Ebenso Disteln, mich fasziniert die Pflanze und auch die Blüte. Auf dem Bild seht ihr ein Prachtexemplar einer Esels- oder Wolldiestel. Diese Distel, in Schottland auch schottische Diesel genannt. ist dort Wappenpflanze, der Legende nach wurde ein nächtlicher Überraschungsangriff barfüßiger Wikinger durch die stechenden Dornen der Eselsdistel entdeckt und schließlich abgewehrt. Die Eselsdistel ziert die Rückseite der 1Pfund Münzen, man findet sie als Tischschmuck in den Pubs oder als Druck auf Tapeten.
Blütenbesucher sind neben Bienen, Wespen und Schmetterlingen auch Schwebfliegen. Sie kann eine stattliche Größe von bis zu 2 m erreichen.

Auf dem Feld richten wir, wie viele andere Landwirte auch, in jedem Jahr einen Blühstreifen ein, der aus einjährigen Pflanzen besteht. Die deutschen Bauern haben im vergangenen Jahr mehr als 200.000 km Blühstreifen als Nahrung für Bienen und zum Erhalt der Artenvielfalt angelegt.
Einjähriger Blühstreifen am Maisfeld mit… Bockshornklee, Kornblume und vielem mehr
Unser Grundstück versinkt übrigens nicht im Chaos, natürlich greife ich regulierend und gestaltend ein und es gibt auch Pflanzen wie Girsch oder Ackerwinde, die ich nicht toleriere. Ich habe nur gelernt aufmerksam zu beobachten und finde es immer wieder faszinierend welche Zusammenhänge es zwischen Pflanzen und Tieren gibt.
Der Gärtner sieht nur, was er kennt
Es gibt in Deutschland etwa 560 Wildbienen-Arten, laut der roten Listen sind davon, zwischen 1818 und 2001, 39 Arten ausgestorben oder verschollen. Von 1967 bis 2001 wurden aber auch 9 Wildbienen-Arten neu entdeckt. Diese Wildbienen-Arten sind unglaublich vielfältig und sehr schwer zu erkennen, weil sie oft sehr klein sind oder etwa manchmal eher einer Fliege als einer Biene ähneln. Was ich damit sagen will, wir sehen nur, was wir kennen. Es lohnt sich mit diesem Thema mal genauer zu beschäftigen und die Tiere mit ihren Nahrungsvorlieben und ihren Nestbauwünschen kennen zu lernen. Die Wildbienen sind nicht staatenbildend, wie die Honigbiene, und auch bei ihrer Wohnungssuche haben sie sehr unterschiedliche Ansprüche. Nicht jede Wildbienen-Art zieht in ein Insektenhotel ein, manche bohren sich lieber in Altholz oder graben sich in den Sand. Es ist gar nicht so schwer, diese Wildbienen-Baustellen zu finden, wenn man weiß, wie sie aussehen. Also Augen auf.
Sandbienen auf einer Quittenblüte Bodengrabungen von Sandbienen Grabungen von Sandbienen
Allen, die gerne mehr darüber lesen möchten, wie es gelingen kann mehr Tiere in den eigenen Garten zu locken, möchte ich gerne das Buch von Elke Schwarzer, Meise mag Melisse, aus dem Ulmer Verlag empfehlen. (Werbung aus Überzeugung und ohne Auftrag).

Das Buch „Meise mag Melisse“ habe ich auch, und ich habe festgestellt, dass die Meisen auch gerne Salbei mögen…sie zupfen die Häärchen von den Blättern und polstern damit die Nester aus.
Dass die Eselsdistel Schottlands Wappenpflanze ist, habe ich noch nicht gewusst.
Herzliche Grüße,
Annette
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